Drei alte Linden,
mit mächtigen, schon herbstlich bunten Kronen, stehen wie stumme Hüter
an der Längsseite des Gotteshauses. Lautlos löst sich manchmal ein
Blatt und taumelt zur Erde, webt mit an dem bunten Blätterteppich, der
immer dichter und breiter wird.
Der Kirche gegenüber,
jenseits der Landstraße, drei Gebäude mit breiter Front. Das werden
wohl die Schulen sein, mit Lehrerwohnung, großem Hof und einem Garten.
Aus dem letzten
Gebäude klingt Gesang, ach ja, der Nachmittagsunterricht hat begonnen.
"Widele, wedele, hinterm Städele hält der Bettelmann Hochzeit..."
"Ja , denkt
Helfrich, der Bettelmann ist soeben angekommen und an Hochzeit kann
er noch lange nicht denken."
Entschlossen
wendet er sich um und will die Tür zum Pfarrhaus neben dem größeren
Einfahrtstor öffnen. Und da er noch einen Augenblick zögert, er weiß
selbst nicht warum, sagt eine Frau, die eben des Weges kommt: "Der
Herr soll nor ningehn, do wohnt der Herr Pharrer."
Lächelnd nickt
ihr Helfrich zu, öffnet die Tür und tritt in den Hof. Oleanderbäumchen
stehen da in großen Kübeln, dahinter träumen Blumenbeete ihrer
vergangenen Pracht nach. Nur einige Chrysanthemen leuchten in weicher,
schneeiger Schönheit. Der Weingarten, der den größten Teil
des Gartens einnimmt, ist seiner süßen Last entledigt und genießt,
wie ein müder, abgelegter Greis, der seine Lebensarbeit erfüllt weiß,
die wohlige Wärme der Herbstsonne. Zur Linken, gleich hinter dem Hühnerhof,
wölben zwei uralte Nussbäume ihre mächtigen Kuppeln.
Helfrich nimmt
drei Stufen und befindet sich auf dem säulengeschützten Gang, von dem
aus zwei Türen ins Haus führen. Die offene Seite ist von den Blättern
des wilden Weines fast zugesponnen.
Als Helfrich am
Ende des Ganges nach links abbiegen will, bietet sich ihm ein seltsames
Bild, und er hält inne. An einem Tisch sitzt der Pfarrer, ein runder,
altersgrauer Herr. Er trägt einen uralten, fleckigen und ausgefransten
Rock, der ihm bis an die Knie reicht. Durch eine Drahtbrille mit dicken
Gläsern blickt er auf seine fleischigen Hände, nein
...
Illustrationen
von Karin Graf: |